Für Henning Bürger stellte sich vor dem Spiel die seit Wochen gewohnte Knobelaufgabe des Aufstellens einer schlagkräftigen Startelf bei voll gefülltem Lazarett, welches mit Hamza Muqaj einen Neuzugang zu verzeichnen hatte. Der in dieser Saison so überzeugende Mittelfeldakteur hatte sich im Abschlusstraining das Knie verdreht und fällt vermutlich bis Ende November aus, gesellt sich damit zu den fehlenden Löder, Sezer, Petermann, Schau, Hehne, Hoppe, El Haija, Dedidis. Gegen den Tabellenletzten aus Luckenwalde agierte daher eine Viererkette mit Wendt, Reddemann, Hessel und Gipson. Zentral davor Kapitän Butzen und der sein Regionalliga-Startelfdebüt gebende Jannes Werner, Richter und Prokopenko auf den Flügeln, während Weinhauer hinter Stoßstürmer Tattermusch lauerte.
Der FCC begann vor über 6.000 Zuschauern druckvoll und hatte durch Richters Schuss von der Strafraumgrenze (8.) und einer haarscharf am langen Pfosten vorbei schrammenden Kopfballverlängerung (9.) erste Großchancen. Auf der anderen Seite musste Liesegang einen missglückten Rückpass Hessels ausbügeln (11.). Auch wenn Carl Zeiss seinen Gegner phasenweise einschnürte und mit lauffreudigem Pressing zu Fehlern zwang, vor dem Tor blieb man meist harmlos. Und schließlich auch defensiv zu nachlässig, als Kühn eine zu kurz geratene Kopfballabwehr aus 20 Metern trocken und für Liesegang unhaltbar in die Maschen schmetterte (22.). Ein Traumtor, vom dem sich der FCC erholen musste und schließlich von seiner offensiven Lebensversicherung namens Erik Weinhauer zurück ins Spiel gebracht wurde. Gipsons Flachschuss nach starkem Vorstoß über die rechte Seite hatte FSV-Keeper Tittel abwehren können, war aber gegen Weinhauers Abstauberkopfball machtlos. Game On im Ernst-Abbe-Sportfeld und die Gesichter wären noch zufriedener gewesen, hätte Ted Tattermusch seine 100%ige Gelegenheit drei Minuten vor dem Pausenpfiff verwandelt. Prokopenko hatte über rechts stark vorbereitet, doch Tattermusch versprang frei vor Tittel der Ball bei der Annahme, er hatte sich die Ecke aussuchen können. Stattdessen durften in der Nachspielzeit des ersten Durchgangs noch einmal die Gäste jubeln. Ein Chipball über Jenas Kette hatte den vermutlich im Abseits stehenden Merke eingesetzt, der allein auf Liesegang zugehend zunächst am stark reagierenden Keeper scheiterte, den Abpraller aber zum 1:2-Pausenstand versenkte.
Auch nach dem Seitenwechsel spielte sich das Geschehen - bis auf Liesegangs Rettungstat gegen Gollnack (60.) vorwiegend in der Hälfte der Brandenburger ab, ohne dass der FCC dabei aber spielerisch zu überzeugen wusste. Zu viele leichte Fehler in allen Mannschaftsteilen störten den Spielfluss stetig. Es waren somit zumeist Einzelaktionen, Standards und die Brechstange, welche in Jenaer Chancen mündeten. Die waren zum Teil hochkarätig, neben der Qualität im Abschluss fehlte aber nun auch Fortune. Ein von Jannene auf der Linie geklärter Kopfball (54.), Weinhauers geblockter Schuss (55.), Richters Direktabnahme aufs Tornetz (56.), Seidemanns von Jacobi im 16er per Hand geblockter Schuss (68.), Richters Ball übers Tor aus zentraler Position (73.), Hessels Versuch an die Lattenunterkante und Zanks gehaltener Nachschuss (85.) dabei die besten Gelegenheiten. Noch vor Anbruch der siebenminütigen Nachspielzeit, welche sich die Gäste mit aufreizendem Zeitspiel erarbeitet hatten, dann doch noch der längst fällige Ausgleich. Ein hoher Ball in den Strafraum wurde per Kopf auf Zank verlängert, der aus Nahdistanz keine Gnade kannte. Und wer weiß, was noch möglich gewesen wäre, hätte sich Kay Seidemann ein überflüssiges Gerangel unmittelbar danach erspart, das Schiedsrichter Schipke für rotwürdig erachtete. Eine harte Entscheidung, doch trotz der folgenden Überzahl setzten die Gäste jetzt nur noch auf die Sicherung des einen Zählers, während zehn Jenaer mit den letzten Körnern den Lucky Punch suchten. Die Gelegenheit dazu bot sich noch einmal Erik Weinhauer (97.), der nach guter Einzelaktion den Ball übers Tor setzte.
Am Ende steht ein enttäuschendes von Kampf und Krampf geprägtes Remis, mit dem der FC Carl Zeiss auf der Stelle tritt.
Trainerstimmen
Michael Braune: "Es ist wahnsinnig viel passiert in diesen 90 Minuten, so dass eine Zusammenfassung schwer fällt. In Ballbesitz waren wir heute nicht gut, haben diesbezüglich schon bessere Spiele gemacht, waren nicht so mutig, wie ich mir das vorgestellt hätte. Wir gehen dann mit einer sehr glücklichen 2:1-Führung in die Pause. In unserer Situation ist es dann menschlich, dass man dann Angst hat, etwas zu verlieren. Die Jungs tun mir etwas leid nach diesem späten Nackenschlag, aber natürlich war der Ausgleich hochverdient. Wenn es normal läuft, verliert man so ein Spiel eigentlich. Wir versuchen es, nächste Woche gegen Erfurt besser zu machen."
Henning Bürger: "Im Kontext der Saison ist der Punkt zu wenig. Wir haben uns viel mehr vorgenommen. Aber es ist uns spieltechnisch sehr sehr schwer gefallen, zu Aktionen zu kommen. Damit können wir nicht zufrieden sein. Auf der anderen Seite ist dieser Punkt für uns sehr viel wert in unserer aktuellen schwierigen Verletzungssituation. Wir sind an einem Punkt, an dem die Substanz etwas verloren gegangen ist. Ich habe den Jungs im Kreis gesagt, wir müssen noch enger zusammenrücken. Am Ende müssen wir die Moral beibehalten, über das Fußballspielen und die Details müssen wir reden. Die Jungs sollen sich jetzt in Ruhe erholen, und dann haben wir noch ein paar Wochen vor uns, in denen die Führungsspieler noch mehr Verantwortung übernehmen müssen und die jungen Spieler ihre Aufgaben erfüllen."
Spielstatistik
Mannschaftsaufstellungen:
FC Carl Zeiss Jena: Liesegang - Wendt, Reddemann, Hessel, Gipson - Werner (70. Zank), Butzen, Weinhauer - Prokopenko (46. Seidemann), Richter, Tattermusch
FSV 63 Luckenwalde: Tittel - Merke, Böhmert, Rühlemann (86. Neumann), Kühn (46. Jacobi), Bruns, Jannene, Mattmüller (73. Schleinitz), Schröder (62. Schneider), Vierling, Gollnack- (73. Kolenda)
Schiedsrichter: Johannes Schipke (Lukas Pilz / Franz Unger)
Zuschauer:
6.099
Tore:
0:1 Kühn (22.)
1:1 Weinhauer (35.)
1:2 Merke (45.+1)
2:2 Zank (90.)
Besondere Vorkommnisse:
RK Seidemann (90., Tätlichkeit)