Harald Irmscher - eine Legende wird 75

12.02.2021

Dreimaliger FDGB-Pokalsieger, DDR-Meister, WM-Teilnehmer, Olympia-Dritter - was braucht es mehr, um zu verstehen: Mit Harald Irmscher feiert heute ein ganz Großer seiner Zunft seinen 75. Geburtstag!

Geboren im sächsischen Oelsnitz, wo Harald als Zehnjähriger bei der BSG Aktivist „Karl Liebknecht“ Oelsnitz mit dem Fußballspielen begann, ging es 1962 zur BSG Sachsenring Zwickau, mit der er 1967 sensationell FDGB-Pokalsieger wurde. Ein Jahr später dann der Schritt nach Jena zu unserem FC Carl Zeiss, wo Harald Irmscher unter den Trainern Georg Buschner und Hans Meyer Teil einer Ära wurde. 

Harald Irmscher war ein Techniker, einer, dem man gern dabei zusah, wie er den Ball streichelte und seine Mitspieler in Szene setzte. Er focht das Florett - die Grätsche packte der grazile Mittelfeldakteur mit Weltklasseformat nur selten aus. Mit dem FCC wurde Harald Irmscher 1970 DDR-Meister und holte mit der Zeiss-Elf 1972 und 1974 den FDGB-Pokal. 1975 verließ Harald Irmscher Jena zur BSG Wismut Gera, wo er 1978 seine Spielerlaufbahn beendete.

Insgesamt absolvierte Harald Irmscher 282 Pflichtspiele (44 Tore) für den FCC – davon 202 Spiele (36) in der DDR-Oberliga, 36 Spiele (4) im Europapokal, 38 Spiele (3) um den FDGB-Pokal und 6 Spiele (1) im IFC.

Harald Irmscher kam auf 41 A-Länderspiele (4 Tore) und 12 Einsätze in der Olympiaauswahl der DDR. Er war Teilnehmer an der WM 1974 in der Bundesrepublik Deutschland und gewann mit der DDR die Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen 1972 in München.

Wir haben kurz vor seinem 75. Geburtstag mit dem Jubilar gesprochen:

Wie geht es Dir, was machst Du gerade?

Im Moment schippe ich Schnee, zuhause, auf der Straße, im Garten - eine Beschäftigung, die einem gut tut. Das passt auch prima, denn natürlich geht es in meinem Alter darum, sich bestmöglich fitzuhalten. Ich mache das zum Beispiel mit viel Radfahren - im Keller steht ein Ergometer - und mit vielen Spaziergängen zum Beispiel in die Stadt. Oder meine Frau und ich erledigen die Einkäufe zu Fuß. Das hält mobil und fit. Insgesamt kann ich sagen: Es geht mir gut!

Wie sehr fehlt Dir das regelmäßige Kicken mit Deinen alten Mitstreitern?

Unsere Altherren-Runde, um Fußball zu spielen und sich auszutauschen, liegt wegen Corona natürlich schon länger auf Eis. Da geht es uns so wie den Fußballern des FC Carl Zeiss Jena. Ich glaube, das letzte mal konnten wir uns im Oktober treffen. Und so kommt es, dass wir den Kontakt im Grunde fast ausschließlich telefonisch, Facebook oder WhatsApp halten. Die Caféhäuser, wie zum Beispiel Café Gräfe in Jena, sind leider zu - was ich sehr bedauere. Dort hatten wir jeden Donnerstag unseren Stammtisch. Und ich hoffe sehr, dass wir diesen bald wieder werden aufleben lassen können. 

Wer wie Du im Februar Geburtstag hat, der sollte mit Blick auf die eigenen Geburtstage doch ziemlich genau wissen, wie schneereich die Winter in der Vergangenheit waren.

Ich muss sagen, dass ich den letzten Winter dieser Art in meiner Zeit mit Bernd Stange zwischen 2007 bis 2012 in Weißrussland, oder wie es heute heißt Belarus, erlebt habe. Über den vielen Schnee in Jena unterhielt ich mich gestern mit meinem Nachbarn beim Schneeschippen. Er konnte sich auch daran erinnern, dass letztmalig zu Weihnachten 2010 in Jena so viel Schnee lag. Und ich freue mich darüber. Schließlich gehört der Winter auch zu unseren Jahreszeiten. Schön, dass er sich mal wieder blicken lässt.

Du sprachst es gerade an: Du hast das große Glück gehabt, bis zuletzt international im Fußball arbeiten zu können. Wenn Du auf diese, teilweise auch sehr exotischen, Stationen zurückblickst: Was hast Du am meisten davon mitgenommen?

Mein Freund Bernd Stange holte mich im Januar 2005 zurück in den Fußball. Und dafür bin ich ihm sehr dankbar. So erhielt ich die Chance für Apollon Limassol (Zypern) zu arbeiten. Zunächst war nur ein halbes Jahr geplant, aber es wurden daraus zwei Jahre, und zwar zwei sehr erfolgreiche mit dem Gewinn der Meisterschaft und des Super-Cups. Danach ging es viereinhalb Jahre nach Weißrussland (heute Belarus). Das haben viele Menschen als exotisch empfunden - dabei war das fußballerisch alles andere als das. Man hat noch sehr die große sowjetische Fußballschule gespürt und wir hatten das Glück, mit sehr, sehr guten Fußballern zusammenarbeiten zu dürfen. Das waren technisch und athletisch gut ausgebildete Sportler, denen man das Fußballspielen nicht beibringen musste. Es ging dort viel mehr darum, die Talente zu scouten. Es war eine sehr angenehme und professionelle Zusammenarbeit mit Trainern und Funktionsträgern, die ihren Job verstanden.

Und nach dieser Erfahrung als Bernd Stanges Co-Trainer in Belarus ging es für das Duo international weiter.

Es wurde dann tatsächlich exotisch - es ging nach Singapur. Das war natürlich im Vergleich zur vorherigen Station fußballerisch eine andere Welt. Fußball hatte dort nicht den Stellenwert, wie wir ihn aus Europa kennen. Aber es war dennoch eine spannende Erfahrung, in diesem Land zu arbeiten und zu leben. Wir haben freundliche Menschen kennenlernen dürfen und fanden auch Top-Trainingbedingungen vor. Eine Erfahrung, die ich keineswegs missen möchte.

Bei runden Jubiläen wie diesem, schaut man immer mal auf das Gewesene zurück. Nun können wir uns vorstellen, wie schwer es ist, aus Deinem reichen Fußballerleben den einen Höhepunkt herauszuheben. 

Es stimmt, Höhepunkte gab es viele. Aber an erster Stelle steht für mich die WM-Teilnahme. Das ist für jeden Fußballer in der Welt etwas ganz Großes und irgendwie auch Traum oder Ziel, einmal dieses Turnier zu spielen. Dass dies uns 1974 mit der DDR-Auswahl, zumal in der Bundesrepublik, gelang, ist und bleibt etwas Großartiges. Das gilt auch für die Teilnahme an den Olympischen Spielen 1972 in München, die wir mit dem Erringen der Bronzemedaille krönten. Und natürlich kommt man am Fußballclub Carl Zeiss Jena nicht vorbei: Meisterschaft 1970, Pokalsiege 1972 und 1974 - das bleiben die Höhepunkte. Und einen möchte ich nicht vergessen: Das Pokalfinale 1967 gegen Hansa Rostock mit einem 3:0 Sieg meiner kleinen BSG aus Zwickau, von wo ich komme und wo, neben meinem Heimatverein Aktivist „Karl Liebknecht“ Oelsnitz, meine fußballerische Wiege steht. 

Wenn Du diese Erfolge aufzählst, dann werden sicher Viele, die dich noch haben spielen sehen dürfen und heute noch immer am FCC hängen, etwas wehmütig.

Sicher, die Regionalliga schmerzt alle, die am FCC hängen, der noch heute in ganz Europa einen guten Namen hat - und über Europa hinaus. Auch in Syrien, wo wir gearbeitet haben (2018 bis 2019), kennt man den FC Carl Zeiss Jena. Aber ich bin guter Dinge und hoffe und denke, dass die richtigen Leute am Werk sind, um diese Mannschaft wieder aus der Regionalliga zurück in den bezahlten Fußball zu bringen, also in die 3. Liga und irgendwann mal wieder in die 2. Bundesliga. Aber natürlich ist das keine leichte Aufgabe und eben oft auch eine Frage des Geldes. Aber eben nicht nur. Aue und Union, die zu DDR-Zeiten nicht die ganz große Rolle wie Jena, Magdeburg oder Dresden gespielt haben, zeigen ja, dass es gehen kann! Vielleicht geht dieses Jahr Dynamo Dresden wieder hoch. Das wünsche ich ihnen - und das wünsche ich unserem FC Carl Zeiss Jena natürlich auch und bin sicher, dass die richtigen Leute am Arbeiten sind, damit das nicht wieder vier oder fünf Jahre dauert. 

Wie wirst Du Deinen Geburtstag in Zeiten von Corona und winterlichen Straßen feiern? 

Ganz ehrlich: Ich mache gar nichts! Zum einen gab es zu meinem letzten "Runden", meinem 70. Geburtstag, schon eine große Sause, und zum anderen macht Corona eine große Feier auch unmöglich. Aber natürlich werden wir mit den Kindern und Enkeln - jeweils mit gebührendem zeitlichen wie physischen Abstand - in ganz kleinem Kreis feiern. Und natürlich werden meine Frau und ich ganz gemütlich zuhause ein Fläschlein öffnen und gemeinsam anstoßen.

Lieber Harald, wir wünschen Dir alles, alles Gute! Genieße Deinen Geburtstag und bleibe vor allen Dingen gesund. Auf ein baldiges Wiedersehen...

...am besten im Ernst-Abbe-Sportfeld mit drei Punkten für den Fußballclub Carl Zeiss!

 

 

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